Sobald Medizinprodukte auf den Markt gestellt werden sollen, müssen die zugehörigen gesetzlichen und normativen Regeln eingehalten werden. Bei Medizinprodukten ist dies die Medical Device Regulation und gilt auch für Medizinprodukte mit niedrigem Risiko. Diese Produkte sind die sogenannten Klasse I Produkte. Für diese Produkte erstellt der Hersteller die Konformitätserklärung in alleiniger Verantwortung nach Einhaltung der gültigen Gesetze. Dies bedeutet, dass die Produkte und das Unternehmen sich an alle Bestimmungen dazu halten müssen, aber es gibt keine zusätzliche Überwachung, außer der Überwachung durch die Landesbehörden. Da es Produkte mit geringem Risiko für den Patienten sind ist der Umfang der Anforderungen verglichen mit Klasse II oder Klasse III Produkten wesentlich geringer.
Für Klasse I Produkte gelten typischerweise folgende Mindest-Anforderungen:
Organisatorische Anforderungen
- Prozesse zur Überwachung des Produkts nach dem Markteintritt
- Überwachung von Lieferanten
- Erstellung von technischen Unterlagen zum Produkt
- Rückverfolgbarkeit der Produkte
- Risikomanagement
- Entwicklungs- und Produktionsüberwachung
- Bestellung und Dokumentation relevanter Personen (für Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person)
Mit diesen Aufgabenstellungen soll ein Rahmen für die Mindestsicherheit und einer Basisvorgabe um das Unternehmen geschaffen werden. Es wird somit der Eingang von Waren, die Verarbeitung und die Vermarktung kontrolliert und muss in dokumentierten Prozessen vorliegen. Das man dies sehr schnell zu einem vollständigen QMS ausbauen kann liegt danach häufig im Willen der Organisation und ist gerade während des Wachstums eines Unternehmens sinnvoll.
Zusätzlich zu den Anforderungen an die Organisation gelten auch bei Klasse I Produkten die Anforderungen an die technische Dokumentation. Diese beinhaltet (gekürzt):
- Risikomanagement
- Klinische Bewertung und Datenerhebung
- Entwicklungsunterlagen
- Produktionsunterlagen
- Labelling und Gebrauchsanleitungen
- Erfüllung der Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen
Damit wird unter Berücksichtigung der zutreffenden Normen das Produkt beschrieben und die Reproduzierbarkeit und die Sicherheit dokumentiert. Erst wenn beide Teile, sowohl organisatorisch – als auch produkttechnisch – erfüllt sind, darf das Produkt in Verkehr gebracht werden und am Patienten angewandt werden. Diese Freigabe erfolgt durch den Hersteller beim Ausstellen der Konformitätserklärung.

Stefan Bolleininger ist Gründer der be-on-Quality GmbH und unabhängiger Berater für Risikomanagement, Qualitätsmanagement, Regulatory Affairs und Entwicklungsprozesse. Sein hauptsächliches Themengebiet liegt in der Qualitätsbegleitung von Entwicklungsprojekten von Medizinprodukteherstellern während der CE-Zulassung oder dem FDA Approval sowie deren Begleitung durch Audits, Assessments und Inspektionen. Im Bereich „Risikomanagement und Usability für Medizinprodukte und medizinische Netzwerke“ hält er einen Lehrauftrag an der TH Nürnberg und engagiert sich im Verein „International Certified Professional for Medical Software (ICPMSB.e.V.)“ sowie im VDI-Fachausschusses „Qualitätssicherung für Software in der Medizintechnik“.
Bildquelle: rawf8 – envato.com (bearbeitet)