Wir wissen zwar schon seit längerem, wie sich der deutsche Crowdinvesting-Markt 2016 entwickelt hat (+23 %). Und dank der fortlaufenden Statistik der Plattform crowdfunding.de haben wir auch schon ein recht genaues Bild über die Entwicklung im Jahr 2017: Mit einem Plus von 170 % auf 172,5 Mio. € Finanzierungsvolumen beim Crowdinvesting hat sich das Wachstum hierzulande beschleunigt. Das betraf alle Bereiche, Unternehmensfinanzierungen via Crowdinvesting legten dabei um 66 % auf rd. 31 Mio. € zu. Der Report der Finanzmarktanalysten aus Cambridge belegt jedoch fundiert, dass alternative Online-Finanzierungsformen in den unterschiedlichsten Formen sich nachhaltig zu einem festen Bestandteil des Finanzierungs-Ökosystem entwickeln – und zwar in ganz Europa. Alternative Finanzierungsformen über das Internet sind kein Phänomen, das sich auf die großen Volkswirtschaften beschränkt. Ganz im Gegenteil, gerade in kleineren Ländern wie Finnland, Georgien, Dänemark oder Estland gibt es sehr lebhafte Crowdfunding-Szenen. Diese Länder liegen bei Investments pro Kopf deutlich vor Deutschland, das mit Rang 12 nur einen Platz im Mittelfeld erreicht.
Was der Report allerdings nur am Rande streift ist die Tatsache, dass die alternative Online-Finanzierung in den meisten Fällen eine nationale Angelegenheit ist. Das trifft auf das renditeorientierte Crowdinvesting sogar noch mehr zu, als auf alle anderen Finanzierungsformen. Zwar berichtet eine zunehmende Zahl von Plattformen, dass sich auch Investoren aus dem Ausland registrieren. Deren Anteil am Fundingvolumen bleibt im Schnitt jedoch unter 10 %. Das ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: 1. wollen die meisten Unternehmen ihre Produkte und Leistungen ja auch nicht nur im Inland vertreiben, 2. bietet Crowdfunding beste Voraussetzungen für die grenzüberschreitende Vermarktung und 3. ist der Finanzmarkt mit dem Austausch von nicht-physischen Leistungen wie keine andere Branche für die Online-Abwicklung geeignet.
Der Finanzmarkt ist ein regulatorisches Mienenfeld
Die Erklärung für dieses Phänomen ist recht simpel: Start-ups und junge Wachstumsunternehmen haben es schwer an Kapital zu kommen. Banken können sie weder Sicherheiten noch Historie bieten. Die Kosten eines „regulären“ öffentlichen Angebots, bspw. in Form von Aktien oder Anleihen, sind prohibitiv hoch. Die Idee des Crowdfundings ist es, jungen und innovativen Unternehmen den Zugang zu Risikokapital zu erleichtern. Das renditeorientierte Crowdfunding genießt in Deutschland – wie in den meisten anderen europäischen Ländern – daher einen Sonderstatus, geregelt durch das Kleinanlegerschutzgesetz. Die Erleichterungen und Regeln sind jedoch von Land zu Land unterschiedlich gestaltet. Das macht deem grenzüberschreitende Bewerben einer Kampagne und dem Einwerben von Investorengeldern meist einen Strich durch die Rechnung.
Das ist schade, steht Crowdfunding doch eigentlich synonym für Haltungen und Handeln, das wie privates Engagement, Solidarität und Zukunftsorientierung den europäischen Gedanken widerspiegeln sollten. Kein Wunder also, dass die Europäische Kommission im Rahmen der Initiative der Kapitalmarktunion auch die Weichen für eine Europäisierung der Schwarmfinanzierung neu stellen will. Bis zu einem Finanzierungsvolumen von 1 Millionen € wird dann das Geldaufnehmen via Crowdfunding in einem einheitlichen Rahmen möglich. Wir dürfen also alle gespannt sein, ob und wie das Crowdfunding 2018 eine wirklich europäische Dimension entwickelt.
Save the Date – CrowdCon in Frankfurt
Sie interessieren sich für die Zukunft des Crowdinvestings in Deutschland und Europa? Der Bundesverband Crowdfunding, zu dessen Gründungsmitgliedern aescuvest gehört, lädt zur ersten CrowdCon nach Frankfurt am Main ein. Mit dem Hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir soll auf dem am 13. März im TechQuartier stattfindenden Veranstaltung diskutiert werden, welche Rolle die Schwarmfinanzierungen künftig am Finanzplatz Frankfurt/Rhein-Main einnehmen könnte.Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung erforderlich.
